
Umweltbelastung durch Kreuzfahrten
Die Tatsache, dass Kreuzfahrten die Umwelt belasten, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Auch für uns war das bisher ein immenser Gewissenskonflikt, schließlich achten wir in unserem Leben auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit. Wir sind schon seit vielen Jahren Vegetarier, bauen im Sommer eigenes Obst und Gemüse an und leben in einem EnergiePlus-Haus. Wir werden daher schon mal mit fragenden Augen angeschaut, wenn wir erwähnen, dass wir eine Leidenschaft für Kreuzfahrten haben. Inzwischen haben wir etwas intensiver über das Thema Umweltbelastung durch Kreuzfahrten nachgedacht und recherchiert.
Der Anteil der Kreuzfahrtschiffe…
an der gewerblichen Seefahrt liegt bei unter 1%. Das macht die Umweltbelastung durch Kreuzfahrten nicht besser! Es zeigt aber deutlich, dass das Problem umfassender zu beleuchten ist. Ein ausschließliches verteufeln der Kreuzfahrtschiffe ist zu kurz gedacht. Damit will ich aber nicht sagen, „wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein“, schließlich sind wir inzwischen ALLE von der kommerziellen Schifffahrt abhängig.
Kleidung und Autos aus Asien,…
Soja aus Südamerika und Erze aus Afrika: ohne die kommerzielle Schifffahrt würde unser Leben, wie wir es heute führen nicht funktionieren. Auch unsere Wirtschaft kann nicht darauf verzichten. Es würden uns essentielle Dinge fehlen. Und wenn wir auch möglichst regional, saisonal und nachhaltig einkaufen, auf Bananen, Ananas oder Mangos möchten wir nicht dauerhaft verzichten. Damit wären wir dann wieder bei der kommerziellen Schifffahrt. Das Flugzeug ist schließlich auch keine Alternative für diese Produkte.
Was wäre also die Lösung?
Nun, das liegt ja auf der Hand: die kommerzielle Schifffahrt, also Kreuzfahrtschiffe, Tanker, Frachter, Fähren und Containerschiffe müssen umweltfreundlicher werden. Verzichten können wir nicht auf sie. Und genau das ist der Aspekt, der es uns erlaubt mit gutem Gewissen auf Kreuzfahrt zu gehen. Warum…? Auf keinen anderen Bereich der Schifffahrt hat die Öffentlichkeit einen so intensiven Blick, wie auf die Kreuzfahrtschiffe. Millionen Passagiere sind jedes Jahr an Bord und genießen diese Reisen wie wir. Gleichzeitig machen sich viele dieser Gäste aber auch Sorgen um die Umweltbelastung durch Kreuzfahrten. Ich unterstelle mal, dass dieses Bewusstsein bei den Besatzungen von Tankern und Containerschiffen eher nicht sehr ausgeprägt ist, von den Reedereien ganz zu schweigen.
Neue Lösungen müssen her
Längst haben die Kreuzfahrt-Reedereien erkannt, dass ihre Kunden immer mehr auf die Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit der Branche achten. Daraus wurden die ersten Konsequenzen, vor allem in Deutschland und Europa gezogen. So wurde 2019 mit der AIDA Nova das erste Schiff einer deutschen Reederei in Dienst gestellt, das vollständig mit Flüssiggas fahren könnte. Somit könnte zum größten Teil auf das extrem schädliche Schweröl als Treibstoff verzichtet werden. TUI Cruises hat dieses Konzept für die beiden in Auftrag gegebenen Neubauten ebenfalls in Aussicht gestellt. AIDA hat zudem angekündigt, in diesem Jahr ein Schiff durch die Nachrüstung mit Batterien zum Hybrid-Schiff zu machen. Bei Hurtigruten ist das schon Realität mit der MS Roald Amundsen, dem ersten Hybrid-Expedionsschiff der Welt. Vier weitere Schiffe sollen bis 2021 bei Hurtigruten mit der deutlich umweltfreundlicheren Hybrid-Technologie auf den Meeren unterwegs sein.

Landstromanschlüsse
Im Februar 2020 wurde mit der Mein Schiff 4 das erste Flottenmitglied von TUI Cruises mit einem Landstromanschluss ausgestattet. Der Werftaufenthalt in Marseille wurde neben Renovierungsarbeiten auch dafür genutzt, die erforderliche Technik auf dem Schiff zu etablieren. Dafür musste ein eigener Raum im Schiff gebaut werden und eine zusätzliche Öffnung im Schiffsrumpf eingebaut werden, durch die zukünftig das Kabel mit 11.000 Volt ins Schiff gebracht werden kann. TUI Cruises hat angekündigt, bis 2023 alle Schiffe mit einem Landstromanschluss zu versehen. Jetzt müssen nur noch die Häfen nachlegen und den Schiffen diese Stromversorgung auch anbieten. Dann können im Hafen die Verbrennungsmotoren ausgeschaltet werden. Wieder ein Schritt in die richtige Richtung.
Das alles reicht noch nicht…,
ist aber zumindest ein Anfang und zeigt eben sehr deutlich, dass die Kreuzfahrtindustrie eine Vorreiterrolle einnimmt, wenn es um die Entwicklung umweltverträglicherer Alternativen bei Schiffsantrieben und die Energieversorgung im Hafen geht. Für 2021 hat AIDA angekündigt, die AIDA Nova mit einer Brennstoffzelle auszustatten. Die Brennstoffzelle werde mit Wasserstoff betrieben, der aus Methanol gewonnen wird. Methanol könne künftig auch mit regenerativen Energien produziert werden. So böten Brennstoffzellen die Möglichkeit zu einer noch emissionsärmeren Energieversorgung an Bord als dies mit Flüssiggas möglich sei, hieß es bei AIDA. Ich hoffe, dass unsere Lieblingsreederei hier auch bald entsprechende Konzepte vorlegt, damit wir unsere zukünftigen Kreuzfahrten noch entspannter genießen können.
Fazit
Kreuzfahrtschiffe sind zum größten Teil Umweltsünder, wie alle anderen Hochsee- und Binnenschiffe auch. Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels. Der Druck der Kunden führt dazu, dass Kreuzfahrten Schritt für Schritt umweltverträglicher werden. Aber auch gesetzliche Einschränkungen können dazu führen, dass diese Entwicklung forciert wird. So plant Norwegen, dass ab 2026 nur noch emissionsfreie Schiffe die schönsten Fjorde des Landes befahren dürfen. Auch dies könnte dazu führen, dass Kreuzfahrtschiffe in absehbarer Zeit klimaneutral werden könnten. Wir geben diese Hoffnung jedenfalls nicht auf und freuen uns über jeden, der diese Entwicklung mit unterstützt.
PS: In ihrem Beitrag „Digitale Nomaden als Klimasünder – passen Nachhaltigkeit und Reisen zusammen?“ beschäftig sich Anna Hettegger intensiv mit dem Thema Flugreisen und Umwelt. Lesen lohnt sich.
Hast du eine Ergänzung zu dem Thema oder eine Frage? Dann schreib gerne einen Kommentar. Wir freuen uns über Feedback.
Ja ja immer diese „bösen“ Kreuzfahrtschiffe. Eines wird aber immer übersehen: bei unserer letzten Kreuzfahrt waren ca. 3000 Passagiere und 1000 Besatzungsmitglieder an Bord. Also 4000 Menschen oder eine Kleinstadt. In den 14 Tagen unserer Kreuzfahrt ist keiner mit dem Auto zur Arbeit gefahren oder zum Bäcker, Friseur, Fitnesstudio etc. Alleine der Arbeitsweg aller Angestellten wären ca. 350.000 – 400.000 km (1000 x 15 km x 14 mal hin x 14 mal zurück) gewesen. Der Strom auf dem Schiff kommt auch vom Schiffsmotor und nicht wie bei vielen zu Hause vom Braunkohlekraftwerk. Alle Lebensmittel werden in Großverpackungen eingekauft und nicht 5 Scheiben Wurst in Plastik. Es gibt noch viele weitere Beispiele. 14 Tage Kleinstadt oder 14 Tage Kreuzfahrt, was ist nun ökologischer?
Interessante Aspekte und Ergänzung. Vielen Dank für den Kommentar.
Hallo, es wäre doch so einfach im 1. Schritt, dieses elende Schweröl zu verbieten. Das hätte man doch schon vor Jahren machen können. Also so in etwa: in 5 Jahren darf kein Kreuzfahrtschiff mehr in Europa anlegen, dass noch mit Schweröl fährt. Und in 10 Jahren (oder so ähnlich) muss es Flüssiggas oder Wasserstoff sein. Ich glaube nicht, dass sich die Kreuzfahrtkonzerne den europäischen Markt entgehen lassen. mfg D.D.
Man darf natürlich auch nicht vergessen, dass die dafür notwendige Infrastruktur geschaffen werden muss, z. B. für das bunkern von Flüssiggas. Das ist bisher ein kaum gelöstes Problem. Ich hätte nichts dagegen, wenn das alles schneller ginge.
Als ich selbst noch in der Schifffahrt tätig und für den Einkauf von Schwer- und Gasöl zuständig war, gab es bei einer international verhandelt Qualitätsumstellung, nämlich Reduzierung von Schwefelanteilen, logistische Probleme, in den Häfen das entsprechende Produkt kaufen zu können. Wir haben uns entschieden, dann nur noch MGO zu fahren, welches erheblich teurer ist als HFO (HeavyFuelOil).
Ähnlich ist es ja heute auch mit den E-Landanschlüssen. Die Häfen müssten an jedem Liegeplatz so einen Anschluss zur Verfügung stellen damit während der Liegezeit die Energieversorgung an Bord durch Strom vorgenommen werden kann und nicht durch MGO notwendig ist.
Es gibt bereits seit vielen Jahren international übergreifende Bereiche (ECA), festgelegt von der IMO und international verpflichtend, in denen es verboten ist, Schweröl in den Maschinen zu brennen. In diesen Bereichen darf nur MGO (MarineGasOil) benutzt werden, welches ähnlich unserem Heizöl bzw. dem Dieselkraftstoff für PKW und LKW ist. Die Behörden in den Häfen innerhalb dieser Bereiche für überraschende Kontrollen an Bord durch, indem das Öltagebuch geprüft wird. Verstöße werden mit finanziellen Strafen geahndet, die mehrere zehntausend Euro betragen können.
Danke für diese Ergänzung.